Erstbegehung „Eisiger Eder“ – Eisklettern am Untersberg

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Wenn Timo seine Blicke durch die Wände der nahen Bergwelt schweifen lässt, dann entdeckt er oft Mögliches, Unmögliches, Kreatives oder Alternatives. So auch letzte Woche, als er die Ostwände des Untersbergs musterte und einen weißen Streifen sah. Ist da etwa Eis???

Er erzählte Felix davon und sofort entschlossen sich die Beiden, am Freitag trotz des widrigen Wetters auf den Untersberg zu schauen – die Vermutungen von kletterbarem Eis am Untersberg lockten doch sehr:

Mit der ersten Gondel auffi, die Ski anschnallen und im Schneegestöber zunächst auf der Piste, dann über verschneite Latschen über das Plateau in Richtung Mittagsscharte, die wir nach Umgehung eines doch relativ steilen und windbearbeiteten Schneehangs auch relativ problemlos fanden. Wir hatten die glorreiche Idee, dort in einem Windkolk die Schischuhe in Bergschuhe zu tauschen und uns für den Angriff auszurüsten.

Zitat Wikipedia: „Durch die Düsenwirkung wird der Schnee dort ständig erodiert“. . . immerhin wissen wir jetzt, dass ein Windkolk als Lagerplatz nicht unbedingt zu empfehlen ist, vor allem nicht bei Kälte, Schneefall und Sturm. Egal, ein Schluck warmer Tee und schnell hinab auf den zugeschneiten Thomas-Eder-Steig.

Nach kürzester Strecke verlor sich der Weg auch wirklich im Schnee. Wir wussten ja, dass der Steig teilweise durch Tunnel verläuft, und so fingen wir auf gut Glück an zu graben. Uns irgendwo abzuseilen, ohne eine Rückzugsmöglichkeit zu haben, war uns dann doch etwas zu spooky! Nach einer Stunde ohne Erfolg, aber ständiger Begleitung von Spindrifts und eisigem Wind seilte sich Timo weiter unten auf den Steig, um im Tunnel von der anderen Seite das Tageslicht zu suchen. Und siehe da, nach kurzer Zeit war das Schlupfloch perfekt ;). Endlich konnten wir weiter, und nachdem wir alle Schneebretter abgetreten haben, standen wir tatsächlich am Einstieg eines Wasserfalls durch die steile Wand des Großen Heubergkopfes. Timo konnte es kaum abwarten und stürzte sich jauchzend in das Eis.

Bald jedoch merkte er dann doch die Steilheit, die teilweise echt dürftige Eisqualität, damit einhergehend die schlechten Sicherungsmöglichkeiten und dadurch dann den Pump in seinen Armen. Felix ging es in der zweiten Seillänge nicht besser – da war die dünne steile Säule zu Beginn noch am feinsten zu klettern. Trotz den eineinhalb Stunden, die wir für die ersten zwei Längen benötigten, waren wir so angetan von dem „Wie lässig ist das denn, Eisklettern am Untersberg“, und das Wetter wurde ja auch immer besser.

Die letzte Eislänge war dann fast schon ein Genuss, und die letzten 80 m Pickelei über gefrorene Graspolster, mit etwas ungläubig dreinschauenden Gämsen als Beobachter, eine wahre Freude.

Glücklich über die erfolgreiche Begehung stiegen wir schnell wieder durch unser mühevoll erarbeitetes Schlupfloch den Thomas-Eder-Steig ab, auch um das zurückgelassene Material zu holen, aber vor allem, um noch windgeschützt jausnen und über das gerade Geschehene sinnieren zu können. Der Windkolk hatte sich ja als Rastplatzerl nicht bewährt 😉

Auch wenn die Schuhe kalt und die Handschuhe nass waren, war der Weg zurück ein meditativer Ausklang im bunten Abendlicht und beschwingt zogen wir unsere Schwünge wieder gen Salzburg. Erfreulicherweise ist es sich dann noch ausgegangen, den Benefizvortrag für einen Kollegen von Ines Papert zu besuchen.

Die Frage, die uns aber doch beschäftigt: Ist diese Eislinie überhaupt irgendwer schon gegangen?

„Eisiger Eder“, WI 6-, 110 m + 80 m Ausstieg
1 SL WI 5+ (30 m) Stand am Drahtstift vom Steig
2 SL WI 6- (35 m) Stand Eis
3 SL WI 5 (45 m) Stand im Fels / Schnee oder an darunterliegenden Eisresten, wenn vorhanden
4 SL M 3 (80 m) Stand Köpfl

Zustieg
An der tiefsten Stelle der Mittagsscharte ca. 30 Meter den Thomas-Eder-Steig absteigen. Links bei Strauch zum ersten Loch des Steiges abseilen (25 m) und falls Rückzugsmöglichkeit erwünscht, vor dem Seilabziehen Schacht freilegen (von unten raufsondieren und schaufeln).

Ausrüstung
Eiskletterausrüstung (kurze Schrauben)
3-4 Schlaghaken für die letzte Länge (wir benutzten keine)
Schaufel für den Schacht
Skitourenausrüstung für den Zustieg / die Abfahrt

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